2. Saison 1956/1957 – Hallen-Radrennbahn Basel

Von Kurt Kaiser

Der Wiederaufbau der Sportanlage begann im Jahre 1956 sehr früh. Am 17. Mai ergeht an die Mitglieder des VC Riehen der Aufruf zur Mithilfe beim Auf- und Ablad der Tribünenanlage. Bereits am 1./2.Juli gastierten die Harlem Globe-Trotters in der Sporthalle. Anfangs September gastierte das Blumenfest-Weltstadt-Variété im Radrennoval (6‘000 Zuschauer). Ende September alsdann Start der Bahnsaison.

Mit Brief vom 7. Februar 1955 teilt der Nationalturner-Verband Basel-Stadt mit, dass man der Auffassung ist, dass am Sporthallenprojekt seitens des Verbandes kein Interesse besteht.

Wie sich am Ende herausstellte war die 2. Hallensaison eine äusserst schwierige und bereitete den Verantwortlichen einiges Kopfzerbrechen. Der Besucherzuspruch blieb unter den Erwartungen. Als Ursache wurden insbesondere die Ungarnunruhen ausgemacht, die in der Schweiz recht hohe Wellen warfen. Blieb wegen Hamstereinkäufen weniger Geld im Portemonnaie für den Besuch der Radsportanlässe?

Ein weiterer Grund glaubte man in der ungeheuren und ungebührlichen negativen Berichterstattung in einer Tageszeitung (die Tat) ausgemacht zu haben. Dass diese kritischen Berichte aus der Feder eines Radsportlers und gleichzeitig Funktionär auf Verbandsebene stammten, war mehr als beschämend. Was veranlasste den Pressevertreter zur negativen Kritik? Waren es persönliche Animositäten mit dem Rennbahn-Initianten?

Insgesamt wurden 10 Radsportevents und 3 Gastveranstaltungen durchgeführt.

Dank der Basler Winterbahn und der Vermittlung durch Otto Vogt konnten verschiedentlich Fahrer aus Basel an Rennen auf ausländischen Rennbahnen antreten. Man hielt allgemein Gegenrecht.

Die Basler Radsportvereine wurden angeschrieben, ihre Anliegen und Anregungen für die kommende Saison zu unterbreiten. So regt der Präsident des VC ‚Olympia‘ Basel an: Man sollte den Fahrern beibringen, dass sie auf dem Weg in die Kabine den kürzesten Weg nehmen und nicht noch unter den Tribünen sich mit den schulpflichtigen Mädchen unterhalten, das bringe der Bahn kein guter Ruf!

Sportliches –Die Fahrerverpflichtung ein recht interessantes Kapitel. Viele Postkarten und Briefe, selbst von bekannten Fahrern liegen vor, wo sie sich für einen Start auf der Basler Winterbahn bewerben. Die Startgage für ‚normale‘ Fahrer belief sich im Allgemeinen um die Fr. 200.-/Fr. 250.-. Für arrivierte Fahrer musste schon um einiges tiefer in die Kasse gegriffen werden. Der Stripper-Zieher auf internationalen Parkett für Fahrer-Verpflichtungen scheint ein Herr A. Versnick, Bruxelles, gewesen zu sein. Die Schriftwechsel nicht immer leicht zu verstehen.

Zugesagt wurde meist mit der Ausstellung eines Vertrages, der oft die Klausel enthielt ‚Der Fahrer verpflichtet sich, vor dem Rennen noch mindestens zwei Mal auf der Basler Bahn zu trainieren‘, oder man hat mitgeteilt ‚Collés Continental oder Dourdoigne sind obligatorisch‘ oder ‚Der Fahrer verpflichtet sich nur mit einwandfreiem Material am Start zu erscheinen‘.! Die Räder werden von einem Hallenmechaniker kontrolliert. Es gab auch Fahrer, welche einen Start in Basel, wegen der Gefährlichkeit, ablehnten. Selbst einem Ferdi Kübler wurde nahe gelegt, vor seinem ersten Rennen auf der Bahn, ein paar Mal nach Basel zu kommen. Für ein Training an einem Dienstagabend kam Ferdi ‚National‘ nach Basel. Er machte einen Vorschlag, eine Trainingsaméricaine zu fahren. Als Partner bestritt Hansruedi Buser (VC Riehen) mit dem ‚grossen‘ Ferdi diese Trainingsaméricaine. Hansruedi Buser weiss zu berichten, dass sie eine Spurtprämie von Fein-Kaller (Herrenmodegeschäft) gewannen, ein paar schicke Handschuhe. Nur, was macht man mit einem Paar, bei zwei Fahrern? Ferdi machte Hansruedi den Vorschlag, dass er die Handschuhe behalten könne, wenn er ihm Fr. 20.- geben würde! Ob ‚klein‘-Hansruedi Buser einwilligte, ist mir nicht bekannt. Es hätte ja auch Einer den linken und der Andere den rechten Handschuh behalten können….

Ein Velofan beschwert sich, nach dem 1. Saison-Rennen, bei der ‚National-Zeitung‘ über die negative Berichterstattung von ‚xt‘ über die Profi-Américaine, was den Bemühungen für die Winterbahn zuwider laufe. Die Profis hätten in einer Américaine im Durchschnitt lediglich 455m mehr gefahren, als der Amateur-Stundenweltrekordler Ercole Baldini, im Alleingang, mit 46,395 km, was dem Sportreporter als Beweis für schwache Leistung diente.

Auch nach der Silvester-Américaine strotzt der Bericht in der genannten Zeitung (xt) von negativen Kommentaren. Vermutlich ist es nicht ganz abwegig anzunehmen, dass dieser bodenlosen Kritik eine alte Fehde zwischen gewissen Herren zu Grunde liegt. Dass die Akteure eine 6 Std. Américaine in Zürich am Vorabend fuhren, kann kaum die Ursache sein, dass die Fahrerleistungen derart schlecht gemacht wurden. Zahlreich waren die Stürze, u.a. von Wenger, Müller, Hollenstein (konnte sich am Geländer über der Kurve festhalten und einen Absturz verhindern), Siegenthaler, Koblet, Pfenninger.

Bemerkenswertes findet sich in den Akten über das Engagement von Ferdi Kübler. Ein langjähriger aktiver und ständiger Besucher beschwert sich vehement über das Auftreten von Kübler, wodurch viele regelmässige Besucher abgehalten werden, weiterhin Rennen zu besuchen. Dass sich der Sportliche Leiter (OV) und Ferdi ‚National‘ per Einschreibe-Brief über gewisse Vorkommnisse schon vorher austauschten, bezeugte sicherlich gewisse Schwierigkeiten im Einvernehmen. Trotz allem meldete sich Ferdi 3 Wochen später zurück, um die 145 Minuten-Américaine zu bestreiten und dem Basler Publikum etwas zu bieten. Der Start wurde dennoch kurzfristig abgesagt. Mit einem Arztzeugnis lässt sich vieles bewerkstelligen….

Am 1. Meeting wurde ein ‚Chinesisches Rennen für Berufsfahrer‘ ausgetragen. Was ist das? Malfahren/Punktefahren/Ausscheidungsfahren in ununterbrochener Reihenfolge: 1. Hans Wenger, 2. Werner Arnold, 3. Hans Hollenstein.

Auf Grund der schlechten Besucherzahlen und entsprechenden Einbussen bei den Einnahmen wird auch an die Fahrer appelliert, die Gagenforderungen zurück zu nehmen. Entsprechend wird auch A. Versnick in Brussel gebeten, bei Verpflichtungen von Fahrern zurückhaltend, mit den finanziellen Forderungen, zu sein.

  1. ord. GV, 22.05.1957, Der Vorstand: Otto Vogt/Präsident & sportl. Leitung (VCR), Hugo Muff/Sekretär (VCR), Friedrich Schmidlin/Kassier, Dr. Roger Baumann/Beisitzer, Reg.Rat Fritz Brechbühl, Carlo Casoni, Ernesto Cenci/Hallenorg. (VCR), Dir. Ernst B. Thommen, Gino Zabotto/Techn. Leitung (RV Basilisk)

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