5. Saison 1959/1960 – Hallen-Radrennbahn Basel

Von Kurt Kaiser

Otto Vogt demissioniert als Sportlicher Leiter, nicht ganz ohne Nebengeräusche. Sein Nachfolger wird Joseph Voegeli. Im Jahresbericht wird die ungemütliche finanzielle Lage beschrieben. Insgesamt wurden in der Saison 1959/1960 9 Meetings abgehalten. Im Vorstand der Genossenschaft gibt es Änderungen Präsident Emil Häring, Voegeli, Cenci, Frey, Haering, Muff, Vogt, Zabotto, Honesta, Dr. Baumann, Reg. Rat F. Brechbühl, Dir. Thommen.

Otto Vogt gibt seine Tätigkeit als Sportlicher Leiter auf, neu Josef Voegeli, verbleibt jedoch in anderer Tätigkeit (Billetverkauf) im Vorstand.

Im Jahresbericht steht: Die gutbesuchten Veranstaltungen liessen merklich und sichtlich die Stimmung der Radsportfreunde heben. Trotz der Fortschritte stehen wir noch immer vor einer finanziellen Situation, die uns überlegen lässt, wie der Betrieb weitergeführt werden kann.

In der Saison 1959/1960 wurden neun radsportliche Veranstaltungen durchgeführt. Die Affichen zierten grosse Namen des Radsportes, wie Roth-Pfenninger, O. Plattner, A. von Büren, Suter, Rolf Graf, W. Bucher, sowie Darrigade, Anquetil, Timoner, Maspès, Van Steenbergen, Schulte. Da müsste man doch meinen, dass die Halle immer gefüllt wird. Dem war leider nicht so. Immerhin kamen im Schnitt rund 800 Zuschauer pro Meeting mehr in die Sporthalle. Die neu ins Programm aufgenommenen Rennen hinter Motoren (Steher) fanden beim Publikum guten Anklang. Mit Fritz Gallati konnte ein Lokalfahrer erfolgreich gefördert werden.

Auf Wunsch des Verbandes europäischer Winterbahnen wurde eine Américaine zur Förderung von Nachwuchsfahrern ins Programm genommen, doch wurde das Rennen als nicht befriedigend eingestuft.

Die Abhaltung eines 6-Tagerennen wurde im Vorstand diskutiert. Man kam zum Schluss (einstimmig), dass dies mit einem zu grossen Risiko verbunden wäre. Es fehlt schlicht der finanzielle Rückhalt.

Erstmals wurden auf der Basler Bahn Steherrennen durchgeführt. Die Bedenken für die Austragung solcher Rennen erwiesen sich als haltlos. Ein Augenmerk richtet man auf die Einhaltung der Übersetzung, damit die obere Grenze der Geschwindigkeit von 60 km/h nicht überschritten wird. Bei den Schrittmachermaschinen (150 ccm) wurde eine Verkürzung des Rollenabstandes um 12 cm vorgenommen, was die Rennen positiv beeinflusste.

Das Engagement von bekannten Namen verursachte natürlich auch ein Ansteigen der Kosten für Gagen, womit ein Reingewinn nicht zu erzielen war. Der Verlust von lediglich Fr. 5‘893.90 hielt sich in Grenzen. Ende September wurde durch den TCS eine ausserordentliche GV (3220 Mitglieder) in der Sporthalle abgehalten. Die Versammlung hatte einigen Zündstoff, dass sogar auf dem Claraposten ein Polizeidétachement bereitgehalten wurde. Ein Eingreifen wurde nicht notwendig.

Die Saison 1959/1960 erbrachte einen Verlust von Fr. 5‘893.90, ohne Abschreibungen. Der Verlustvortrag betrug insgesamt Fr. 87‘222.85. Ein privates Unternehmen wäre damit konkursreif. Trotz dieser Situation wurde an der GV beschlossen den Betrieb weiter zu führen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Für die Bezahlung der Hallenmiete an die MUBA musste ein Darlehen aufgenommen werden, verbürgt durch die HH Cenci, Voegeli und Vogt.

Die Verpflichtung von italienischen Fahrern erweist sich als schwierig, da ausser Baldini, der horrende Gagen fordert, niemand ‚en vogue‘ ist.

Im Oktober 1959 besucht Otto Vogt einen gestürzten Zürcher-Fahrer im Spital. In einem Brief bedankt sich der Fahrer und klagt, dass er nicht weiss, wie er die Reparaturkosten seines Bahnvelos bezahlen kann. Bei Jelmoli, als Verkäufer verdiene er lediglich Fr. 465.-. Er habe von einem Unfallfonds der Baslerbahn gehört, ob da vielleicht eine Kostenbeteiligung möglich wäre. Die Antwort war negativ, da dieser Fonds, in Anbetracht der finanziellen Schieflage, nicht mehr bestehe. Der Name wird wegen Personenschutz verschwiegen. Das Bahnvelo wurde sicherlich repariert, denn der Fahrer war später auf der Basler Bahn recht erfolgreich.

Zwischen Ende August und Ende September, vor dem Saisonstart, hat Otto Vogt ca. 40 Briefe geschrieben, Im Ordner abgelegt, über verschiedenste Themen. Computer gab es damals noch nicht. Dabei war das vermutlich noch der kleinere Teil von anfallenden Arbeiten. Man muss sich das vor Augen führen, was für eine immense Arbeit für den Radsport, ehrenamtlich, auf sich genommen wurde.

Die Ausschreibung in den Zeitungen für das Meeting vom 2.10.59 müsste eigentlich rundum einen dicken schwarzen Rand haben. ‚In Memoriam Willy Lauwers‘, gestorben am 12.4.1959. Der tragische Unglücksfall, auf der Piste in Palma, dieses sehr beliebten Fahrers, bewegte die Radsportwelt. Er hinterliess Frau und ein Kleinkind. Die Leitung der Sporthalle organisierte zu seinem Gedenken und zur Unterstützung seiner Familie ein Gedenkrennen hinter Derny-Motoren. Die Sympathien die Willy Lauwers in Basel hatte, waren riesig.

Im Rennen mit Derny-Motoren startete ein weiterer grosser Name das erste Mal in Basel: Gerrit Schulte. Der ‚alte Mann‘ (43 Jahre) hat in diesem Rennen seinen Schwiegersohn Klaus Budgahl hinter sich gelassen.

Am Meeting vom 13.02.1960 lieferten sich Armin von Büren und Adolf Suter ein Privatduell, das offenbar nicht ganz fair ablief. Das Publikum quittierte dies mit einem Pfeifkonzert, das ihn auf der Ehrenrunde begleitete.

Auf den Bänken der Fahrer war noch ein anderes Thema präsent. Der Rückzug der Condor-Werke vom Professional-Rennsport. Fahrer wie Walter Bucher, Oskar Plattner, Walter Favre, Jean Roth und Willy Trepp wären ohne Ausrüster.

Der Anlass vom 5. November brachte einen weiteren grossen Namen des Radsportes auf die Basler Rennbahn: Jacques Anquetil. Kurz vor dem Basler Rennen gewann er das Zeitfahren in Lugano. Dass Rolf Graf den Verfolgungsmatch gewann, war natürlich ein ‚Highlight‘, zum Gusto des Basler Publikums.

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